WEINJAHRGANG 2023 – SCHAUSPIEL IN ZWEI AKTEN

Selten in den letzten Jahren hat ein Weinjahrgang solch eine dramatische Wendung genommen, wie wir es 2023 erlebt haben. Nach der erfolgreichen Weinlese nimmt der Eindruck zu, dass es keine „normalen“ Jahrgänge mehr gibt und die Herausforderungen, Wetterextreme und der Druck auf den nachhaltigen Weinbau dauerhaft intensiv sein werden. Doch der Reihe nach…

       

Durch den milden Winter und einem regnerischen, kühlen Frühjahr, kam es zu einem normalen Austrieb. Satt grün präsentierte sich die Natur und unsere Begrünungseinsaaten bis in den Mai hinein. Die Bedingungen für die Rebblüte schienen mit warmen Temperaturen und ausreichend verfügbarer Bodenfeuchte perfekt zu sein. Schon lange haben wir nicht mehr so viel Vitalität und Kraft in den Pflanzen gesehen. Der Sommer zeigt sich im  Anschluss von seiner schönsten Seite. Die Wasservorräte im Boden wurden knapper und mit der Zeit verfärbte sich das Bild von sattgrün über trocken, heiß hin zu dürr und karg. Einzig die Reben waren weiterhin grün und konnten mit ihren tiefen Wurzeln kontinuierlich und schnell wachsen. Eine Situation die die letzten Sommer immer wieder unser Team an die Grenzen des leistbaren bringt: Die Qualitätsarbeiten in den Reben sind bei den extremen Zuwächsen an Blättern und Trauben in immer kürzeren Zeiträumen zu bewerkstelligen. Die Hitze und der wolkenlose Himmel helfen dort kaum, das geht für alle Freiluftarbeiter richtig an die Substanz. Mitte Juli wurde es langsam trocken – zu trocken. Der im Frühjahr vorgezeichnete Weinjahrgang drohte von saftig und vollreif durch die Dürre zu leiden und tendierte eher zu kräftigen, fetten Rotweinen und alkoholreichen Weißen. Wir dachten laut über Bewässerung nach. Doch dann kam der Regen. Endlich! Die Weinberge wurden wieder grüner, die Trauben dicker und saftiger. Der erste Akt ging zu Ende.

      

Zweite Akt. Es regnet – dauerhaft. Und damit ändert sich das Spiel, die Herausforderungen des ersten Akts (Beschattung der Trauben gegen Sonnenbrand, Wassersparen, Reifeverzögerung) drehten sich zu (Freistellen der Trauben zur Besonnung, Wasserüberschuss, Reifebeschleunigung). Die Trauben waren in der Reife so weit fortgeschritten, dass sie das viele Wasser nicht mehr aufnehmen konnten. Der übermäßige Regen setzte den Trauben ordentlich zu. Mitte August zeigten sich die ersten Fäulnisnester in den Weinbergen und bis zur Lese spitzte sich die Situation durch den Dauerregen weiter zu. Nie haben wir, trotz intensiver, akribischer und selektiver Handlese, so viele Trauben verwerfen müssen, um kerngesundes Traubengut in den Keller zu bekommen. Und noch nie hat uns eine Weinlese im Weinberg so an die Grenzen gebracht.

      

Dank des Umbaus der Weinmanufaktur in den letzten Jahren sind wir im Keller so schlagkräftig, dass hier alle Trauben zügig und effizient verarbeitet werden können. So konnten wir Dank unseres Teams die schnellste Weinlese in der Geschichte des Weinguts bis Ende September, ohne herbe Verluste und qualitative Einbrüche beenden. Zweifelsohne ein echter Kraftakt, der sich am Ende aber auszahlt. Der Fokus liegt zum Ende des zweiten Aktes bei den Weißweinen, nicht wie zu Beginn vermutet bei kräftigen und fetten Roten. 2023 ist ein mengenmäßig kleiner Jahrgang, der dank der Temperaturen sehr gute Qualitäten, ja teilweise auch Spitzenqualitäten ermöglicht – aromatisch, angenehm schlank mit einer feinen Fruchtsäure. Die selektive Handlese ist, mehr denn je, der Schlüssel zu besten Weinen. Ein großes Dankeschön an unser Team für den unermüdlichen Einsatz!

      

 

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